Ursprung

Ausstellung, Ulrichsberg

Dietrich Killer zur Ausstellung „Ursprung“, 2011, Jazzatelier Ulrichsberg

Als soziokulturelle Archäologin auf der Suche nach dem „Homo Austriacus“

Frei nach der Inschrift am Tempel des Apoll in Delphi „gnothi seauton“ d.h. „erkenne dich selbst“ hat sich Petra aufgemacht ihre Wurzeln zu suchen.

Da es aber, ob der Erkenntnis, dass wir selbst auch durch die ständge Reflexion unserer Umwelt geformt und mitbestimmt werden, notwendig ist, diese Einflusssphäre einzugrenzen, wenn man auf den Punkt kommen möchte, muss man Kriterien für diesen Erkenntnisprozess definieren.
Gerade im Zeitalter der Globalisierung, der permanenten Erweiterung und Vernetzung unseres Wahrnehmungsfeldes, wird es immer schwieriger einen „Standpunkt“ zu beziehen.

Petra, aufgewachsen in einem kleinen Ort im ländlichen Raum, geht in diesem Falle her und bedient sich traditioneller Identifikationsschemata.
Begriffe wie Heimat, Tradition oder Nationalität mögen zwar heutzutage unzeitgemäss erscheinen – jedoch als die direktesten, unmmittelbarsten Einflüsse auf das Selbst, müssen der Muttersprache, der geografischen Verortung und der Geschichte unseres angestammten Lebensraumes ein hoher Stellenwert zugemessen werden.

Nicht nur man selbst ist aus diesem Umfeld erwachsen, sondern auch die Aussenwelt nimmt einen zuallererst als Bestandteil der Bevölkerung von, in diesem konkreten Fall, (Ober-)Österreich wahr.

Doch wieviel wissen wir selbst über unsere Heimat – geschweige denn über die klischeebehafteten Vorstellungenn der „Anderen“ über uns.
Selbst bei der Rückschau, nur kurz vor die vielbeschworene „Katastrophe“ des Nationalsozialismus wird unser Wissen zumeist recht schnell dünn.
Klar, Mozart, Maria Theresia, Ostarrichi, selbst vielleicht noch Hallstatt und seine keltische Kultur sind bei Vielen von uns hängen geblieben.
Andreas Hofer, Marie Antoinette, Klimt und Schiele, jeder von uns kratzt dann schnell noch ein bisschen was zusammen.
Von Aussen gesehen ist es ähnlich: Mozart, Kaiserin Sissi, Sigmund Freud, Anton Bruckner, – Adolf Hitler wird gottseidank von den meisten für einen Deutschen gehalten – Arnold Schwarzenegger und die Trapp-Familie…

Auf der anderen Seite ist es aber Tatsache, dass Österreich eines der ältesten, noch bestehenden Staatsgebilde Europas ist, über 1000 Jahre Geschichte vorzuweisen hat, und bis vor rund hundert Jahren eines der grössten Reiche Zentraleuropas war.

Heimat bist du grosser Söhne (und natürlich auch Töchter!): Bertha von Suttner, Ludwig Wittgenstein,
Erwin Schrödinger, Kurt Gödel, Nikola Tesla, Otto Wagner, Billy Wilder, Franz Kafka, Karl Popper,
die Venus von Willendorf, Valie Export, Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek… um nur einige zu nennen…

Und dann noch die gängigen Klischees: Alpenglühn, barocker Charme, gotische Kathedrale, Walzer,
die schöne „blaue“ Donau und gleich an ihren Ufern – herrliche Weinberge, der dazugehörige Heurige und sein sentimanteler Wiener Schmäh. Schifahrn in Kitz, Oper in Salzburg, Motorboot-fahren am Wörthersee.

Und von Innen, und noch viel näher – braune Vergangenheit, roter Sumpf und blaue Wunder, Xenophobie und Inselmentalität.

So wollen wir uns doch als gegenwärtige und zukünftige Weltbürger in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Um diesem Selbstbild auf den Grund zu gehen, hat Petra in ihrer Serie „Ursprung“, die sie uns heute erstmals in dieser Form präsentiert, Fragmente ihrer Selbstfindung einander gegenübergestellt.
Fast schon wahllos, dann wieder streng komponiert, verknüpft sie Stimmungen und Assoziationen in ihren, auf den ersten Blick fast schon harmlos erscheinenden Sujets.
Doch alleine der zugleich nach innen gekehrte, als auch fragend auf den Betrachter gerichtete Blick von Herrn Dr. Freud hat sich augenblicklich in mein Bewusstsein gegraben.
Ausserdem stellt man bei eingehender Betrachtung fest, dass hier nicht fertige Antworten präsentiert werden – ganz im Gegenteil, hier werden Gedankenräume geöffnet, die jeder mit seinen persönlichen Deutungen befüllen kann – und so nicht nur Einblicke in Petras „Heimat“-bild erhält, sondern seine eigene Reflektion ihrem Konstrukt hinzufügt.
Denn wie schon Plato sagte: Die entscheidende Antwort, wer ich eigentlich bin, bekomme ich, wenn ich mein Spiegelbild im Auge des Anderen sehe.